Eltern in Sabarkantha fordern besseren Unterricht

 

Father Peter mit seinen Kindern vor der Grundschule Padapat
Father Peter mit seinen Kindern vor der Grundschule Padapat

Am 10 Januar trafen sich 30 Eltern von Kindern des Schulkinderheimes im Dorf Padapat. Auf Einladung von Father Peter, des Projektpartners von „Bäume für Sabarkantha – Kindern eine Chance geben“  wollten sie beraten, was sich gegen den ständigen Unterrichtsausfall ihrer Dorfschule tun lässt.

Die siebenklassige Schule in den Hügeln bei Poshina soll ca. 180 angemeldete Kinder der dortigen Ureinwohner unterrichten. 130 – 140 erscheinen täglich – aber oft ist kein Lehrer da.

Die Eltern berichten Father Peter über untragbare Zustände an der Schule:  Unser Direktor muss häufig in die Kreisstadt zu Konferenzen. Und dann fehlt er auch oft, weil er zu viel getrunken hat. Von ihm haben unsere Kinder nicht viel zu erwarten. Die Lehrerin ist im Moment im Schwangerschaftsurlaub. Sie wird bald wieder in der Schule sein, dann kommt sie regelmäßig. Der junge 24 jährige Lehrer kommt jeden Tag, um sich in die Anwesenheitsliste einzutragen. Dann fährt er wieder weg. Der tut gar nichts. Wenn keine Lehrkraft in der Schule ist, solle Narayanbhai, der Leiter des Dorfschulkinderheimes, während der Unterrichtszeit auf die Schulkinder acht geben.

Father Peter schreibt in seinem Brief vom 7.2. „Dieses Drama von ‚Erziehung‘ läuft nun schon viele Monate so. Die Eltern, meistens Analphabeten, wagen es nicht den Lehrern entgegenzutreten oder ihnen irgendwelche Vorhaltungen zu machen.“

Zu dem Treffen, zu dem sogar 10 Frauen kamen, waren auch Lehrer und Schulleiter eingeladen, die aber nicht erschienen. Nur die Frau des Direktors war anwesend. Sie ist für die Schulspeisung verantwortlich – und bedient sich reichlich selbst dabei. Die Heimkinder laufen deshalb in der Mittagspause lieber zum nahen Heim, um dort etwas zu bekommen. Das Schulessen ist zu dürftig.

Kein Wunder, dass es bei der Aussprache hoch her ging. Eltern, denen das gute Leben des Schulleiter Ehepaares ein Dorn im Auge war – alles spielte sich ja in ihrem Dorf ab – wollten an ihnen ein Exempel statuieren und sie vor Gericht bringen. Father Peter hatte Mühe, die Wogen zu glätten und die aufgebrachten Eltern wenigstens etwas zu beruhigen. „Lasst uns lieber mit dem Kollegium zusammenarbeiten, als gegen sie“, argumentierte er. „Dann haben wir größere Chancen, einen besseren Unterricht für unsere Kinder zu erreichen.“

Die Teilnehmer ließen sich überreden und bildeten eine Kommission. 8 Eltern sollten die Schule und das Kollegium und sein Kommen und Gehen beobachten um  festzustellen, was für Unterricht erteilt würde –  wenn überhaupt.

Dazu schrieben sie ein Memorandum an die Schulbehörde der Kreisstadt Khedbrahma. Das sollte der Direktor mit der Bitte um weitere Lehrkräfte überreichen.

Zwei Wochen später am Indischen Nationalfeiertag kam es noch einmal zu einem lauten Wortwechsel zwischen aufgebrachten Eltern und dem Kollegium mit gegenseitigen Vorwürfen: „Ihr gebt unseren Kindern keinen Unterricht“ – „Und ihr schickt eure Kinder auf den Acker anstatt in die Schule“, hieß es.

Immerhin hatte das ein erstes Ergebnis:“Einige Unterrichtsaktivitäten konnten beobachtet werden“, so die ironische Bemerkung von Father Peter.

Einer der Offiziellen muss bei der Feier etwas von den Spannungen mitbekommen haben, denn eine Woche später erschien überraschend ein Supervisor aus Khedbrahma um festzustellen, dass der junge Lehrer sich zwar als anwesend eingetragen hatte, aber in der Schule nirgends aufzufinden war. Der Supervisor entfernte den falschen Eintrag. Als er am nächsten Tag noch einmal kam, fand er den Eintrag wieder hergestellt. Er stellte den Lehrer zur Rede und zwang ihn, die Anwesenheitsnotiz wieder zu entfernen und drohte mit Strafverfolgung.

Ob es dazu kommt, ist in Indien nicht sicher. Der Vater des Lehrers arbeitet nämlich selbst bei der Regierung.

Aber, die Leute aus dem Dorf trauten ihren Augen kaum: Der Junglehrer begann tatsächlich – vielleicht zum ersten Mal in seinem Lehrerdasein – regelmäßig Unterricht zu geben. Und noch über einen zweiten Erfolg können sich die Eltern freuen: Ihr Schreiben an die Schulverwaltung wurde positiv beschieden. Von Juni an werden drei weitere Lehrkräften sich um die 140 Schulkinder von Padapat kümmern.

Nun hofft Father Peter, das die Geschichte sich herumspricht und das Beispiel der selbstbewusster gewordenen Eltern auch in anderen Dörfern um Poshina  (bessere) Schule macht.